Landkreisübergreifender Gelegeschutz für den Kiebitz – dem „Gaukler der Lüfte“
Kaum einer kennt noch den Ruf des Kiebitzes, wenn er über Wiesen und Äcker um sein Revier fliegt und es mit einem lauten „Kiwit“ verteidigt. Auch die drolligen Flugspiele waren in unserem Landkreis noch vor einigen Jahren im Frühjahr häufig zu beobachten. Im Volksmund wird er deshalb zu recht auch „Gaugler der Lüfte“ genannt. Noch vor 50 Jahren war der Kiebitz ein Allerweltsvogel und bei uns häufig auf Feldern und Wiesen anzutreffen. Heute ist er, genauso wie viele andere Feldvögel, aus der Agrarlandschaft weitgehend verschwunden. Sein Bestand ist in den vergangenen 20 Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen. In Bayern gehört er mittlerweile nach der Roten Liste zu den stark gefährdeten Vogelarten. Auch das europäische Recht stuft ihn als streng geschützte Art ein. Doch auf wenigen Standorten im Landkreis gibt es ihn noch. So auch an der Landkreisgrenze zwischen Fürstenfeldbruck und Starnberg. Hier befinden sich noch kleinere Kolonien des seltenen Wiesenbrüters auf den Gemeindeflächen von Alling, Eichenau und Puchheim im Landkreis Fürstenfeldbruck sowie von Gilching im Landkreis Starnberg. Aber auch diese Populationen sind in Gefahr.
Deshalb hat der Landschaftspflegeverband Fürstenfeldbruck e.V. als Projektträger landkreisübergreifend bereits 2009 ein Pilotprojekt zum Schutz des seltenen Vogels mit Hilfe von Geldern der GlücksSpirale gestartet. Ziel des Projekts ist es, geeignete Maßnahmen umzusetzen, um die Kiebitz-Population zu fördern. Hierfür werden die unauffälligen Bodennester der Kiebitze ausfindig gemacht und mittels eines Stabes markiert. „Dies ist notwendig, damit die Landwirte wissen, wo sie drum herumfahren müssen und das Gelege nicht zerstört wird“, erklärt Petra Kotschi, Geschäftsführerin vom Landschaftspflegeverband Fürstenfeldbruck. Zudem wird der Eigentümer ermittelt und informiert. Das Projekt konnte auch in den Jahren 2013 und 2014 über das Bayerische Landschaftspflegeprogramm durch den Freistaat Bayern unter Mitfinanzierung der Europäischen Union durchgeführt werden. Auch in diesem Jahr ist das Projekt für 2015 pünktlich im März angelaufen, denn zu dieser Zeit kehren die Kiebitze aus ihren Winterquartieren in ihre Brutreviere zurück. Das Projekt wird bis zum Ende der Brutzeit andauern.
Als Zwischenergebnis des Projekts steht fest, dass auch für diesen Brutstandort (einen der noch wenigen verbliebenen im Landkreis Fürstenfeldbruck) die Bestände drastisch einbrechen. Wurden in dem Projektgebiet 2009 noch 22 Kiebitzgelege in vier Teilgebieten gefunden, so sind es heuer bislang nur zwei Gelege in einem Teilgebiet. Das fatale daran ist, dass die Kiebitze standortstreu sind. Sie kehren immer wieder an ihren Geburtsort zurück, um dort selbst zu brüten. Sollte es innerhalb des Projektgebietes in einem Frühjahr keinen Nachwuchs mehr geben, so ist die Population vermutlich auch an diesem Standort erloschen. Die geringe Anzahl an Nestern ist deshalb alarmierend, denn auf die Eiern und die geschlüpften Jungvögel lauern vielfältige Gefahren.
Der Kiebitz braucht als Lebensraum offene und flache Landschaften, wie beispielsweise die Feuchtflächen von Moorgebieten. Da diese extensiv genutzten Feuchtflächen in unserer Landschaft jedoch aufgrund von Entwässerungen und Nutzungsintensivierungen rar geworden sind, weicht er auf Ackerstandorte aus. Für seine Brut baut er keine richtigen Nester, sondern legt lediglich Mulden im Boden an. Diese sind für Landwirte bei ihrer Arbeit jedoch schwer zu erkennen und werden häufig zerstört. Auch für Fressfeinde, wie zum Beispiel dem Fuchs oder dem Bussard, sind die bodennahen Eier eine leichte Beute mit Hochgenuss. Ebenso fallen die Jungvögel den Beutetieren zum Opfer. Des Weiteren kann der Bruterfolg durch Erholungssuchende und frei laufende Hunde gestört werden. Gerade Wiesenbrüter reagieren auf Störungen während der Brutzeit sehr empfindlich. Als Folge kann der Brutprozess von den Elternvögeln eingestellt werden – das Gelege wird dann verlassen. Darüber hinaus kann auch ein zu hoch wachsender Pflanzenbewuchs innerhalb der Brutzeit (z.B. Winterweizen) ein Problem für den brütenden Kiebitz werden.
Um die Bestände der Kiebitze halten zu können, sind wir alle in der Pflicht. Neben Nahrungs- und Energiepflanzen sollte sich bei einer nachhaltigen Landbewirtschaftung noch ausreichend Platz für Flora und Fauna befinden. Im Projektgebiet können nach Absprache mit dem Landschaftspflegeverband Fürstenfeldbruck auch Entschädigungszahlungen für die Landwirte erfolgen, wenn Bereiche zum Schutz des Kiebitzes aus der Nutzung genommen werden. Dies kann um die Nester herum temporär erfolgen oder es können auch langfristig geeignete „Kiebitz-Fenster“ angelegt werden. Ebenso können Erholungssuchende innerhalb der Brutzeit Rücksicht nehmen und somit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Kiebitzes beitragen.